Unerwünschte Nebenwirkungen von Lernen mit Spaß
Achtung, es gibt auch Gegenstimmen zur Idee des Lernens mit Spaß, und der Fairness halber möchte ich diese nicht vorenthalten.
Das Anhören der CD könnte offenbar im schlimmsten Fall dazu führen, dass die Kinder all ihre weiteren zu lernenden Stoffgebiete als multisensorisches "Event" serviert bekommen wollen und Lernen als anstrengenden Prozess in ihrer weiteren Schulkarriere ablehnen.
In einem Bericht des Instituts für Schulpädagogik (Mai 2012) wurde das Thema des Edutainment in Zusammenhang mit der Rock me 1x1 CD folgend analysiert:
"Lernen soll demgemäß 'Spaß machen', 'Abwechslung bieten', 'unterhaltsam sein', 'alle Sinne ansprechen' und 'in einer positiven Stimmung ablaufen'. [...]
– Das Paradigma des Edutainments, als welche man diese Tendenz häufig bezeichnet, hat allerdings fatale Implikationen. Zum einen verhindert das Unterhaltungsgebot eine konsequente Orientierung an den sachlichen Erfordernissen, denn die Welt, die durch Lernen anzueignen ist, besteht nicht aus konsumierfähig formatierbarem Sinneskitzel, sondern – zumindest auch – aus schwierigen, manchmal belastenden und bedrängenden Problemen, deren Meisterung genau jene Mühe und Anstrengung erfordern würde, deren Vermeidung die oberste Prämisse des Unterhaltungsgebotes darstellt: „Wer nicht rechnen will, soll singen!“ (Booklet zur CD, S. 2)
[...] Zum anderen – und dies ist vielleicht der noch fatalere Lerneffekt des Edutainment – erwerben die Heranwachsenden die Vorstellung, dass Lernen prinzipiell ein harmonisch-konsumatorischer Vorgang ist und haben dann vermeintlich gute Gründe, jede Zumutung einer krisenhaft-transformatorischen Herausforderung im Kontext ihrer biografischen Lernerlebnisse von vornherein abzuwehren.
Wer aber durch die Eingewöhnung in einen spielerischen Lernhedonismus glaubt, gut daran zu tun, dass er alle sich einstellenden Mühen des Weltverstehens per
Mausklick zum Verschwinden bringen oder durch Programm- Zappen erledigen zu können, dem ist der Zugang zu tieferen Ebenen der menschlichen Kultur schon
verstellt." (S.3)
Lernen mit Musik und durch Wiederholung: zweifelhaft!
und gleich noch eine Information:
Offenbar ist Lernen mit Musik und durch Wiederholung auch nicht garantiert (uns sind aber einige Fälle bekannt wo es doch geklappt hat :-).
Aus dem Bericht, S.13:
"Es ist also nicht zu erwarten, dass sich durch das Hören der Musik ein besonders nachhaltiger 'Merkeffekt' einstellt. Diese Vermutung
wird durch einschlägige wissenschaftliche Überlegungen gestützt: „Die Wiederholung hat so betrachtet keineswegs schon als solche einen 'einprägenden',
'spurenbildenden' etc. Effekt, sondern ermöglicht lediglich unter bestimmten experimentellen Bedingungen die Entwicklung einer
adäquaten subjektiven Strategie zur Erfüllung der antizipierten Erinnerungsanforderung“. (Holzkamp 1995, 145)
Wiederholung wirkt also nur dann, wenn durch sie eine bestimmte
Bedeutung des Wiederholten intensiviert wird, welche für den Lernenden subjektiv relevant ist.
Es ist zu erwarten *), dass sich dieses Problem einer 'sinnfrei', also lediglich durch eine Art mentaler 'Spurenbildung' eingeprägten Lautfolge noch vertieft, wenn sie als rechnerischer Zusammenhang erinnert werden soll und dies in einem anderen als einem akustischen Medium versucht wird.
*) "Es ist zu erwarten" wird hier so formuliert, weil die Wirkung der CD in diesem Bericht nicht an der Zielgruppe getestet wurde.